Der Großglockner – höchster Berg Österreichs – ein Ziel für jeden Bergsteiger. Viele Geschichten ranken sich um unser heutiges Ziel. Mein Ziel ist es, Euch hier einen Überblick über die Anforderungen und über die Schönheit dieses Berges zu geben. Sei es in den steilen Flanken und Eiswänden der Nordseite, den großzügigen Überschreitungen oder eben den Normalwegen von Kals oder der Franz-Josefs Höhe aus.
Diesmal ersteigen wir den Glockner von Kals aus.
von Roli Buchroithner, IVBV
Tag 1: Aufstieg zur Stüdlhütte
Nach dem Ausrüstungscheck beim Auto – selbstverständlich dürfen der Gurt, die Steigeisen, ein Pickel und ein Helm nicht fehlen – gehen wir am Beginn recht gemütlich taleinwärts. Unser morgiges Gipfelziel bereits vor Augen. Nach einer knappen Stunde kommen wir an der Lucknerhütte vorbei – es fällt wie immer sehr schwer daran vorbei zu gehen, aber unser heutiges Etappenziel, die Stüdlhütte, ist doch noch eine Weile entfernt. Abwechslungsreich führt der Weg zuerst über Wiesen, später über Moränenhänge rauf zur Hütte. Nach ca. 2,5 h Wanderung kommen wir voller Motivation an.
Die Stüdlhütte ist weitum bekannt für seine gute Küche.
Das obligatorische Einchecken übernehme ich, meine Gäste haben schon die gemütliche Sonnenterrasse entdeckt und genießen dort die letzten Sonnenstrahlen. Um 18.30 gibt’s das wohlverdiente Abendessen. Der Wetterbericht ist vielversprechend und so freuen wir uns auf das angekündigte stabile Wetter.
Tag 2: Gipfeltag
Es geht los! Wir starten heute um 5.30 Uhr unseren Gipfelaufstieg, die Frühstückszeiten richten sich grundsätzlich nach der Jahreszeit. Da wir im Frühsommer unterwegs sind und hier die Tage lang sind, macht es für uns Sinn früh aufzubrechen. Ich rechne heute mit ungefähr 3,5 h Aufstiegs- zeit, die Verhältnisse sind sehr gut im Moment, am Grat liegt bereits einiges an Schnee. Da dieser eine gute Spur aufweist wird es wohl ein Genuss dort hochzuklettern.
Nach etwa einer halben Stunde Gehzeit erreichen wir das Ködnitzkees, wo wir uns anseilen. Wir genießen die herrliche Stimmung beim Aufstieg und endlich erreichen uns nach dem ersten Gletscherhang am Grat zur Erzherzog Johann Hütte die ersten Sonnenstrahlen des Tages.
Erstes Ziel: Adlersruhe!
Der Grat ist gut versichert, dennoch verlangt er Trittsicherheit und Konzentration, außerdem macht sich mittlerweile die Höhe bemerkbar – immerhin sind wir schon auf etwa 3.400m. Allerdings belohnt uns der Kaffe auf der Adlersruhe – der höchsten Schutzhütte Österreichs.
Bald machen wir uns auf den Weg zur letzten Etappe nach oben.
Das Leitl- im Frühsommer gut zu gehen!
Wir erreichen das Glocknerleitl zum Gipfelgrat. Der Firnhang wird im oberen Teil bis etwa 45° steil, und oft ist dieses Stück im Spätsommer stark ausgeapert und dann nur mehr im Schutt bzw. Eis zu begehen.
Da der heurige Winter sehr niederschlagsreich war, herrschen wie sehr oft im Frühsommer Top-Verhältnisse und wir bringen das Leitl genüsslich hinter uns.
Am Grat angelangt befinden wir uns erstmals am heutigen Tag im ausgesetzten Gelände, die steile Südwand bringt uns zum Staunen. Am Gipfelgrat selber ist natürlich immer Vorsicht geboten, Sicherungsstangen entschärfen die Kletterei allerdings deutlich! Schon bald erreichen wir den Kleinglockner – das Gipfelkreuz des Großglockner ist bereits zum Greifen nahe. Allerdings folgen jetzt noch einige anspruchsvolle Meter und schon viele haben wohl das eine oder andere Schauermärchen über die Glocknerscharte gehört.
Die Glocknerscharte. Halb so wild- aber doch exponiert!
Wir steigen zuerst runter in diese Scharte. Häufig kommt es 6hier zu Stau, da immer wieder große Gruppen unterwegs sind, denen das Wissen fehlt, wie man solche Kletterpassagen rasch, aber mit der größtmöglichen Sicherheit begeht. Heute sind, gott sei Dank, nicht mehr so viele Leute unterwegs und wir können stressfrei diese Passage bewältigen. Respekteinflößend ist der Tiefblick nach Norden in die berühmte Pallavicini-Rinne immer noch – Schwindelfreiheit ist hier sehr von Vorteil.
Am Gipfel erwartet uns ein unglaubliches Panorama!
Einige Klettermeter auf der anderen Seite bergauf und nach wenigen Metern sind wir auch schon am Gipfel angelangt. Die Freude, am Dach Österreichs zu stehen, ist riesengroß. Das obligatorische Gipfelfoto folgt natürlich gleich nach dem Bestaunen des Gipfelpanoramas. Herrlich ist der Ausblick von Dolomiten im Süden bis zum Hohen Dachstein im Nordosten, fast zum Greifen nahe liegen die mächtigen Gletscherhänge des Großvenedigers im Westen.
Eine ausgiebige und wohlverdiente Jausenpause machen wir allerdings erst unten auf der Adlersruhe, der Blick auf den Abstieg und der bevorstehende Grat flößen doch noch mal Respekt ein. Nachdem wir aber den Gipfelgrat und das Glocknerleitl gut hinter uns gebracht haben, freuen wir uns kurz vor der Erzherzog Johann Hütte, dass bisher alles so reibungslos abgelaufen ist.
Nach Kaffee und Kuchen auf der Hütte geht’s über den bekannten Klettersteig runter zum Gletscher und im flachen Gletscherboden blicken wir nochmals stolz auf unsere heutige Tour zurück. Den Klettergurt und die Steigeisen können wir jetzt wieder weggeben. Auf direktem Weg verlassen wir den Gletscher und gehen die Moränenhänge runter ins Tal, wo die Sonne um diese Jahreszeit schon sehr bald verschwindet.
Den Abstieg bewältigen wir mit Freude über das bereits Erlebte!
Jetzt führt kein Weg mehr an der Lucknerhütte und beim netten Hüttenwirt vorbei. Wie immer lassen wir es uns nochmals gut gehen hier, der restliche Abstieg ist ja nicht mehr weit und nur noch Formsache.
Beim Auto angelangt freuen wir uns alle, dass wir die Bergschuhe ausziehen können – was für ein Genuss! Meine Gäste können es noch immer nicht fassen, dass sie noch vor kurzer Zeit ihr großes Ziel aus eigener Kraft bestiegen haben. Soviele Geschichten haben sie im vorhinein gehört – Stau, viele Leute, Stress auf der Hütte – von all dem war heute nichts zu spüren, wir waren wieder einmal zur richtigen Zeit am richtigen Ort.
Bei der Verabschiedung denke ich mir noch: Der Großglockner ist wohl eine der schönsten Touren der gesamten Alpen und ich freue mich jetzt schon auf ein Wiedersehen.
Factbox Großglockner (3.798 m) von Kals aus in 2 Tagen
Ausgangspunkt: Lucknerhaus, Kals
Zwischenstation: Stüdlhütte Maximale Gehzeit: 8 h am Gipfeltag inkl. Abstieg
Technische Vorraussetzungen: LEVEL 2-3 Gehen mit Steigeisen, gute Trittsicherheit, Klettersteig A/B, Klettereien bis zum 2.Grad
Maximale Teilnehmerzahl / Bergführer: 3 Personen bis Mitte Juli, ab Mitte Juli maximal 2 Personen
Heuer starten die Termine Anfang Juli - hier gehts zur Anmeldung
Alternative Routen:
Stüdlgrat, Level 3
Glocknerwandüberschreitung, Level 3-4
Diese Routen kannst Du beim ALPS GUIDESERVICE anfragen!
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